See you later Alligator...

Daisy: „Das tolle an den USA ist, dass man nie weiß, in welcher Ecke man als nächstes landet und welche interessanten Menschen man dort wohl trifft. In den nächsten Wochen machen wir einen Roadtrip durch einen Großteil des US-Bundesstaates und fahren erst an der Ostküste bis nach West Palm Beach und kreuzen dann den Lake Okeechobee um schließlich an der Westküste in Cape Coral anzukommen.Von dort dann immer weiter Richtung Süden, ein bisschen Ocean Drive in Miami darf es auch noch sein, bis wir schließlich am südlichsten Punkt der USA aufkreuzen. Beim Blick auf die Karte stellen wir ernüchtert fest, dass der Weg von Ost nach West ganz schön lang ist und zwischen West Palm Beach und Cape Coral gefühlt nichts die eintönige Landschaft aus Sumpf und Mangroven abwechselt.

Wir saugen also so viel Sonne, Strand und Meer auf, wie wir können und besuchen dafür einige nahegelegene Strände. Unter anderem dabei sind Hallandale Beach und Hollywood Beach. Die Sonne tut gut auf meinen weizenmehlfarbenen Beinen, ich bin nämlich erst seit 2 Tagen wieder in den USA und brauche erstmal eine saftige Vitamin D3 Kur! Der Sand ist hier viel dunkler, als ich ihn mir vorgestellt habe und das Wasser des Atlantik hat gefühlt Eiswürfeltemperatur. Aber es ist absolut perfekt für einige tolle Streifzüge am Strand, um sich langsam an den American Spirit zu gewöhnen.

 

Wir biegen um die Ecke eines kleinen Strandcafés und stolpern mitten in den Wahlkampf um die amerikanische Präsidentschaft! Flaggen, T-Shirts, Kaffeetassen, Handtücher und viele skurrile Souvenirs mehr verkündigen schon siegesgewiss die Verlängerung der Präsidentschaft des aktuellen Präsidenten. Einige sind schon recht originell! Grundsätzlich ist der Slogan „Keep America Great“ ja auch nicht verkehrt. Das sollte ja eigentlich für jedes Staatsoberhaupt der USA Pflicht sein...

Motel Super8

Wir machen uns nach dieser Begegnung der dritten Art auf die Suche nach einer Unterkunft. Wir befinden uns schon in West Palm Beach und wollen morgen den langen Weg an die Westküste auf uns nehmen. Es wäre also schön, recht bald eine Möglichkeit zum Schlafen zu finden. Unser Magen hängt durch und die Nerven liegen bei uns beiden blank. Die Klimaanlage im Auto zieht in unseren ausgetrockneten Augäpfeln und auch die nette Werbestimme im Radio, die fröhlich den nächsten Hit der Stunde verkündet, kann uns nicht aufheitern. Wenn wir bis zum Hit der nächsten Stunde nichts gefunden haben, wird die Sprecherin wohl über einen ernsten Unfall auf der Interstate berichten müssen! Wir rollern also weiter die endlose Schnellstraße in unserem Ford Mustang GT und lauschen dem V8- Sound.

Dann plötzlich am Horizont! Ist es eine optische Täuschung? Nein, tatsächlich sehen wir das Schild eines Motels. Das „Super 8“ strahlt mit seinen Neonfarben und wirkt richtig einladend. Wir sind fasziniert von der klischeehaften Inneneinrichtung, man fühlt sich wie in einer Fernsehserie, in der man sich vor Kopfgeldjägern verstecken und dafür in dieses Motel absteigen muss! Aber wir sind froh und dankbar, es ist ein Zimmer frei und im Preis für eine Nacht ist auch das Frühstück für den nächsten Morgen dabei! Was will man mehr für seinen Roadtrip? Wir checken ein und schalten ab. Morgen geht es weiter!

Uncle Sam wants YOU

Nach einem typischen Motel-Frühstück (FruitLoops und sowas ähnliches wie Rührei)machen wir uns schließlich auf den langen Weg an die Westküste. Die einzige Stadt auf dem Weg ist Okeechobee, dort wollen wir die erste und einzige Pause machen. Die Fahrt verläuft unspektakulär, dank der amerikanischen Geschwindigkeitsbegrenzung steht man gefühlt mehr auf der Bremse, denn hinter jeder Ecke könnte der nächste Officer auf zu schnelle Kundschaft lauern. Das Vorgehen der Polizei zahlt sich aus, Raser sieht man hier so gut wie nie, zu hoch ist die Chance in eine Verkehrskontrolle zu geraten und eine saftige Strafe zu kassieren.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen wir Okeechobee. Was auf dem Navigationsgerät als Stadt deklariert ist, besteht in Wirklichkeit aus einer kleinen, parkähnlichen Grünfläche und einem einzelnen Ladenstreife, in dem winzige Geschäfte zu finden sind. Nur zwei Restaurants zieren die Ladenfronten, sehr ungewöhnlich für eine amerikanische Stadt. Dafür ist der „Park“ eine echte Augenweide! Ausgemusterte Panzer, Hubschrauber und zahlreiche Denkmäler, für die im Krieg gefallenen Helden sind hier aufgebaut. Wir klettern in die ausgestellten Stücke und wundern uns, in Deutschland wäre so etwas undenkbar und innerhalb kürzester Zeit von politisch aufgestachelten, arbeitslosen Heinis demoliert worden.

Irgendwie kommen wir uns aber beobachtet vor. Ich sehe mich daher um, denn als Deutscher kennt man ja zahlreiche Verbote und fühlt sich schnell von Haus aus schuldig, versehentlich gegen das Gesetz zu verstoßen. Vermutlich gilt hier „Nur gucken nicht anfassen“. Tatsächlich, eine Gardine an den spiegelnden Türen der Ladenzeile wackelt. Jemand ist auf uns aufmerksam geworden und beobachtet unsere Erkundungstour. Wir beschließen, den Laden zu besuchen und in Erfahrung zu bringen, ob schon jemand die Cops gerufen hat. Wie sich rausstellt, handelt es sich dabei passenderweise um ein Waffengeschäft.

Wir betreten diesen kleinen Laden und sind schlicht sprachlos! Es ist schwer zu beschreiben, was wir hier sehen: der gesamte Laden ist mit Schusswaffen sämtlicher Dekaden ausgestattet, zusätzlich findet man vielfältige Munition, Kleidung, Jagdbedarf und unendlich viele Bilder und Sprüche, die alle etwas mit Waffen oder Jagen zu tun haben. Der Geruch im Geschäft ähnelt einem Museum und die Atmosphäre lässt einen unbewusst Haltung annehmen. Ein freundlicher Mann begrüßt uns und fragt, wie er uns helfen kann. Unsere Gesichter müssen Bände gesprochen haben, denn ohne zu überlegen, holt er Peter zu sich und fängt an ihm Gewehre in die Hand zu drücken. Schnell entwickelt sich ein Gespräch, dem wohl jeder Mann auf der Welt ungeachtet der Sprache, folgen könnte und ich beschließe mich weiter umzusehen. Nach einigen Minuten ruft der Mann ins Hinterzimmer nach seinem Kollegen Mike.

 

Mike ist ein echtes Veteranen-Urgestein aus dem Koreakrieg und eine richtige Autoritätsperson. Ich würde diesem Mann auch abnehmen, dass er der Bürgermeister des Ortes ist, es gibt sicher niemanden hier, der sich mit ihm anlegen würde. Aber er ist fröhlich gestimmt, denn Peter ist begeistert von seinem Laden und schaut sich JEDE EINZELNE Waffe an. Mike ist neugierig und ich erzähle ihm unsere Geschichte. Das diesen Mann etwas überraschen kann, ist sicher selten, doch er hat uns nach unserer Erzählung ins Herz geschlossen. Also beginnt er, Peter für den nächsten Krieg auszustatten. Es dauert nur einen Fingerschnipp bis sich der Tourist in kurzen Hosen und Badeschlappen in einen gefechtsbereiten Soldaten verwandelt hat.

Wir sind alle zusammen so begeistert über das Ergebnis, dass Mike ganz aufgeregt in seinem Hinterzimmer verschwindet und mit mehreren Gläsern und einer Flasche Scotch zurückkommt. Wir sollen probieren, denn diese Flasche ist etwas ganz besonderes. ER hat sie nach seinem Kriegseinsatz geschenkt bekommen und erst zweimal daraus getrunken. Wir fühlen uns geehrt und folgen seinem Wunsch. Wieder verschwindet er im Hinterzimmer und bringt ein Einmachglas voller klarer Flüssigkeit mit. Das meine Freunde, war tatsächlich Moonshine und ja, wir haben ihn getrunken.

Ein ganz normaler Dienstag: man besucht seine alten Kumpels im Waffenladen, die man aber eigentlich erst seit 10 Minuten kennt, man lässt sich vollständig ausstatten (man weiß ja nie wann Uncle Sam einen braucht), man trinkt etwas MoonShine zusammen und plaudert über die letzten Errungenschaften der Jagd. Nebenbei bemerke ich viele skurrile Fotos von Krokodilen. Mike erklärt, dass Krokodile und Alligatoren unter Schutz stehen und nicht gejagt werden dürfen. „It is fortbidden as hell....but we made it anyway“. Er gibt schließlich auch zu, dass er uns tatsächlich dabei beobachtet hat, wie wir die ausgemusterten Hubschrauber angeschaut haben. Allerdings nicht, weil es verboten ist rein zu klettern, sondern, weil er so begeistert darüber war, dass wir uns dafür interessieren. Solche Typen wie uns hat er hier noch nie getroffen.

Nach mehr als 3 Stunden verabschieden wir uns von Mike und seinem sympathischen Laden. Ganz enttäuscht und auch ungläubig hat er zur Kenntnis genommen, dass wir keine Waffen kaufen können, da Selbstverteidigung in Deutschland verboten ist. Er wünschte uns Gottes Segen und eine sichere Fahrt. Wir haben seitdem immer wieder gerne an diesen Tag zurück gedacht. Wie ich anfangs sagte, man weiß hier nie, in welcher Ecke man landet und welche interessanten Menschen man trifft.“

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